von Stephanie Kämper
In einer Zeit in der uns durch die COVID-19 -Pandemie strenge Regeln, Einschränkungen und eine ständige Anpassungsbereitschaft auferlegt wurden, kann eine Freundschaft Sicherheit, Stabilität und vor allem Freiheit bedeuten.
Die Maßnahmen und die Informationsflut infolge von COVID-19 machen uns Stress und Angst. Viele erleben die Isolation als bedrückend, blicken pessimistisch in die Zukunft und sind bisweilen überfordert durch den Kontrollverlust in ihrem Leben. Ständig geforderte Flexibilität und andauernde Veränderungen in den unterschiedlichen Lebensbereichen können entkräften.
Freundschaften geben Kraft
Doch glücklicherweise, als „beziehungshungrige“ Wesen (Thomas Weil in Beziehungsbedürftigkeit, 2017) schöpfen Menschen aus der Beziehung zueinander Kraft, Mut, Zuversicht und Entspannung. Eine Form der Beziehung ist die Freundschaft. Bei den Griechen ist philia eine Art Liebesbeziehung dessen Wesen die Autonomie ist (Michel de Montaigne). Die Freundschaft entsteht aus der freien Wahl und einer gewissen Regellosigkeit. Zwei Menschen derselben Natur fühlen sich einander zugehörig und mit der Zeit wächst durch dieses Vertrauen Vertrautheit. Ein Zustand von Sicherheit und Gemeinsamkeit stellt sich ein, man nimmt sich eine Auszeit und knüpft mühelos da an, wo man zuvor sein Gespräch beendete. Freunde fühlen sich voneinander gestärkt und bestätigt, verstanden und akzeptiert.
Freundschaften als Kur
Der Berliner Psychotherapeut Wolfgang Krüger sagt, dass Freundschaft für die „zwei Schwachstellen des Menschen, Einsamkeit und Unsicherheit“ die beste Kur ist. „Wenn wir gute Freunde haben, sind wir erheblich selbstbewusster. Das hat eine Vielzahl von Studien ergeben. Man ist glücklicher. Man ist gesünder“, sagt Krüger. „Menschen, die gute Freundschaften und Netzwerke haben, sind seelisch in der Regel wesentlich stabiler“.
Vor allem bei Veränderungen, sucht der Mensch nach Altbewährtem, Bestätigung und Halt. Der Wissenschaftler José Ramón Alonso (Neurowissenschaft der Freundschaft) erklärt, dass im Freund das Potential einer ähnlichen Sicht auf die Welt erscheint. So glaubt auch Willard Van Orman Quine (amerikanischer Philosoph), dass wir unsere eigenen Grundüberzeugungen und Meinungen so gut wie möglich zu bestätigen versuchen und unterstützt sehen wollen. In einem Freund finden wir diese hilfreiche Orientierung. Bei immer frei schwingendem Dialog können sich Freunde über alles austauschen: Partnerschaft, Sexualität, Geld, Politik, Religion. Dadurch meistern sie den Alltag leichter und erforschen gemeinsam die alltäglichen Probleme.
Freiwilligkeit von Freundschaft
Kein äußerer Zwang hält diese Art von Beziehung aufrecht. Sie ist frei gewählt und unterliegt einer Regellosigkeit sowie vertraglosen Sicherheit. Diese Freiheit und Zwecklosigkeit machen den entscheidenden Unterschied aus. Nach der Nikomachischen Ethik werden drei Arten von Freundschaften unterschieden: Um des Vergnügens willen, um des Nutzens willen und um der Freundschaft willen. Für Aristoteles war die letzte entscheidend: eine Herzensfreundschaft. Diese besondere Freundschaft reduziert in Veränderungsprozessen nicht nur Angst oder Stress. Sie ist auch die reinste Freude.
Beim online-ROMPC-Kongress am 21.11. wollen wir uns freundschaftlich begegnen, uns eventuell in Freundschaft auseinandersetzen und so Neues finden in der Begegnung. Das sollte auch online gelingen.