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Corona-Krise und Stressreaktion

von Petra Franz

Die Coronakrise ist die erste Krise, die für die Nachkriegsgeneration als existenziell bedrohlich erlebt wird. Öl- oder Bankenkrise haben wir letztlich gut gemeistert. Die Coronakrise kam für die meisten von uns vollkommen unerwartet und mit großen Auswirkungen auf das Alltagsleben. Für fast jede und jeden von uns hat sich das Leben von heute auf morgen auf vielfältige Weise verändert.

Erzwungene Veränderungen

Zwar können auch Veränderungen, die wir selbst wählen, mit Angst und Unsicherheit einhergehen. Diese lassen sich in der Regel aber schneller und leichter bewältigen. Von außen erzwungene Veränderungen,wie wir sie gerade erleben, stecken wir oft schlechter weg und erleben die Belastung als stärker und nachhaltiger. Die Coronakrise ist eine Art „globale Transition“ – ein Übergang, von dem wir noch nicht wissen, wohin er uns führt. Das Alte ist nicht mehr da und das Neue noch nicht wirklich sichtbar oder erlebbar.

Copingstrategien benötigt

Für solche Momente brauchen wir sog. Copingstrategien, d.h. Bewältigungsmuster, die sich in unserem Leben schon einmal oder auch mehrfach bewährt haben. Wenn sie erfolgreich sind, sprechen wir von problemlösenden oder von konstruktiv-emotionalen Copingstrategien. Manches Mal funktionieren sie aber nicht mehr oder noch nicht oder sind überholt und im Hier und Jetzt nicht mehr angemessen. Dann kommt es zu Stressreaktionen, die sich emotional, körperlich oder mental auswirken können.Vor allem langanhaltender Stress stellt für das Nervensystem eine hohe Belastung dar.

Dauerstress

Die Coronakrise dauert nun schon mehrere Monate. Viele haben sich an manches mehr oder minder gewöhnt und gelernt damit umzugehen. Für manche aber ist die Aktivierung der Stressmuster auf „Dauer-On“ geschaltet. Das führt zu einer hohen psychischen und physischen Belastung. Das autonome Nervensystem aktiviert dabei vor allem die sympathischen Strukturen und den dorsalen Vagusnerv. Der vordere, sogenannte ventrale Vagusnerv dagegen wird in seiner Funktionsweise eingeschränkt. Dies führt dazu, dass unter anderem unsere Social-Engagement-Funktionen leiden. Wir sind dauerhaft im Kampf- oder Fluchtmodus oder aber in Rückzug und Depression.

Verlässliche Beziehungen

Im ROMPC ist einer unserer wichtigsten Wirk-Faktoren die Beziehungsorientierung. Verlässliche Beziehungen geben in Krisenzeiten Halt und Orientierung. Deshalb war auch der Lockdown, in dem gerade die Gestaltung von Beziehungen eingeschränkt war, für viele eine enorme Belastung. In Beratung und Therapie gilt es deshalb jetzt ganz besonders, die Beziehung zu unseren Klient*innen verstärkt in den Blick zu nehmen und für Sicherheit zu sorgen. Wenn wir uns sicher fühlen, wird der ventraleVagus wieder aktiviert und die sympathischen Anteile des Nervensystems können sich beruhigen. Mit den impressiven und expressiven Techniken des ROMPC und anderenÜbungen können wir diesen Prozess gut unterstützen. Auf unserem Online-Kongress wird es Gelegenheit geben, ein paar davon auszuprobieren. Insbesondere in meinem Workshop „Veränderungen in Herz und Hirn“.